Was passiert, wenn man anstatt allgemeine über Klimawandel zu sprechen, über ganz persönliche Erfahrungen reflektiert? Was passiert, wenn man anstatt über Klimakatastrophen in der Ferne, in Bangladesch, Australien oder Kalifornien, statt dessen über Veränderungen an seinem eigenen Lieblingsort spricht? Was passiert, wenn man konkret in die Zukunft blickt und sich dann zurückwendet, um auf die Welt von heute zu blicken?
Personalisierung, Lokalisierung, Kontextualisierung: das sind drei Sprachprinzipien, die hinter diesen Fragestellungen stecken. Und es sind drei Prinzipien, die Kommunikation maßgeblich beeinflussen.
Helfen diese Sprachmuster auch die Kommunikation über Klimawandel und nachhaltiges Handeln zu verbessern?
Wir, die Verschwörung [für das Gute], sind davon überzeugt, dass Storytelling ein Schlüssel zu einer besseren Kommunikation ist und dass sich dies positiv auf den Umgang mit der Klimakrise auswirken kann.
Um unsere These zu untermauern, wollten wir drei Erzählprinzipien, die für den Erfolg von Storytelling verantwortlich sind – Personalisierung, Lokalisierung, Kontextualisierung - genauer unter die Lupe nehmen und beweisen, dass sich damit bessere, motivierendere Narrative für den Klimawandel finden lassen.
Praxistest in Goldegg
Für den tatsächlichen Beweis entwickelten wir zunächst eine Methode bzw. einen Gesprächsleitfaden, der ermöglichen sollte, einen Dialog rund um das Thema Klimawandel zu beginnen – ohne auf die üblichen Katastrophen- und Verlustszenarien zurückzugreifen, ohne Mahnungen auszusprechen oder die üblichen Bilder und Metaphern wie „Fünf vor zwölf“ etc. zu bemühen.
Dann suchten wir eine Testgruppe, die diesen Gesprächsleitfaden einer kritischen Prüfung unterzog. Und wurden fündig in Goldegg.
Die beste und gleichsam kritischste Gruppe für unseren Test war „Beyond Storytelling“, eine Community an Storytellern und Storytellerinnen, die sich regelmäßig zu Fachgesprächen und interdisziplinärem Austausch trifft, die Methoden und Anwendungsfelder des Storytellings diskutiert. In diesem Jahr fand das jährliche „Beyond Storytelling Camp“ im Goldegg statt, einem idyllischen Dorf im Salzburger Land in Österreich.
Über vierzig Kommunikations- und Unternehmensberater, Coaches, Psychologen, Therapeuten, aber auch Künstler, Filmemacher und Schriftsteller kamen hier zusammen. Und sie alle waren offen und motiviert, unserer Thesen kennenzulernen und neugierig auf unsere Methode.
Je interessierter die Profis waren, umso nervöser wurden wir. Würde unsere vollmundige Ankündigung, dass „Storytelling die Klimakommunikation verändert“ haltbar sein?
Storytelling für ein besseres (Gesprächs)Klima
Die Versuchsanordnung war einfach: eine Mischung aus Gedankenreise, Storylistening, und Metakognition.
In einem ersten Schritt wurden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Zweierteams eingeteilt. Einer aus dem Team erhielt drei Moderationskarten mit Fragen, um das Gespräch einzuleiten und zu führen. Im Anschluss wurden die Rollen dann gewechselt.
Der Fragende musste sehr gut zuhören, denn im zweiten Schritt wurde er oder sie aufgefordert, die Antworten des Teampartners als Geschichte wiederzugeben.
Dieser kleine Trick des Perspektivwechsels führte zu zwei sehr guten Effekten: einerseits erhöhte sich damit das Aufmerksamkeitslevel beim Fragensteller wesentlich, denn in wenigen Minuten sollte er oder sie ja vor allen in der Gruppe eine konsistente Story erzählen.
Andererseits durfte der Interviewte, von dem die Informationen zu der Story stammten, zuhören und wurde dadurch mit seiner eigenen Geschichte beschenkt. Ein Effekt, der sich als extrem wertvoll erwies, denn die Zuhörer und Zuhörerinnen fühlten sich dadurch ungemein wahrgenommen und gewertschätzt.
Alle Geschichten wurden mit einem kleinen Mikrophon aufgenommen und als Audiofile gespeichert. Abschließend markierte jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin ihren Lieblingsort auf einer Weltkarte – die dann gleichsam als „Werte- und Orientierungskarte“ diente.
Stories of the unkown - Mal reinhören? https://l.ead.me/bd8Aa7
Nachdem alle Geschichten erzählt waren und gehört wurden, baten wir die Testteilnehmer um eine Reflexion über die Geschichten und selbstverständlich die Methode.
Überraschend positiv
Und, was sollen wir sagen… Wir hatten es ja schon geahnt und insgeheim gehofft… Und wir waren eigentlich fest davon überzeugt, dass Storytelling eine Kommunikation wesentlich verbessert. Aber dieses positive Feedback, das wir von den Camp-Teilnehmern in Goldegg bekamen, hat uns dann doch überwältigt. Man war begeistert.
Begeistert von den Geschichten: Denn anstatt abstrakter 1,5°Grad-Limits, ging es plötzlich um die schwindende Schönheit blauer Aras in Ignazu. Statt über CO2-Kompensierung zu lamentieren, wurde über das ständige Rauschen und Gluckern der Alpen gesprochen und das Verstummen dieser Naturgeräusche mit zunehmender Trockenheit. Und statt sich über Klimaabkommen zu streiten, wurde über den Wein am Spittelberg gesprochen, den Montmartre Wiens, und wie dieses einzigartige Stadtklima erhalten werden kann.
Hier soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass faktenbasierte, rationale und sachliche Diskussionen zur Klimaerwärmung, CO2-Management und COOPs nicht wichtig seien. Ganz im Gegenteil. Aber um sich diesem so komplexen Problem nur halbwegs zu nähern, ist ein individueller, persönlicher und emotionaler Zugang wesentlich hilfreicher, als abstrakte Sprache, Apelle und Verlustszenarien. Das hat unser kleiner Test sehr eindringlich bewiesen.
Unsere Teilnehmer waren also begeistert. Begeistert auch von der Schlichtheit der Methode, die einfach umzusetzen ist. Begeistert von dem Ergebnis, das in nur wenigen Minuten zu sehr persönlichen, individuellen und hochemotionalen Stories führte, die tatsächlich einen ganz anderen Startpunkt für eine Diskussion rund um Klimakrise und nachhaltiges Handeln einleiten
Begeistert von Storylistening und Storytelling
Wir, die Verschwörung [für das Gute] bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich bei „Beyond Storytelling“ - dass wir zu Gast sein und unsere Methode testen durften. Wir bedanken uns auch bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern unseres kleinen Experiments, für die wunderbaren Geschichten und das hilfreiche Feedback.
Goldegg liegt nun schon einige Tage hinter uns, doch noch immer sind wir euphorisch über dieses Feedback und nutzen diese positive Energie, um weiter an unserer Methode zu arbeiten und diese so bald wie möglich allen zugänglich zu machen, die auf der Suche sind nach besseren kommunikativen Möglichkeiten, um das wo wichtige Thema Klimakrise und nachhaltiges Handeln voranzutreiben.
Neugierig geworden?
Ihr wollt mehr dieser Geschichten? Dann hört mal in unseren Podcast rein. Den findet ihr kostenlos hier und auf Spotify.
Wer mehr über diese Storytelling-Methode erfahren möchte, dem empfehlen wir, unseren Newsletter kostenlos zu abonnieren: https://www.die-verschwoerung.org/
Oder aber teilzunehmen an unserem nächsten „konspirativen Treffen“, einem kostenlosen, offenen Wörkshop, in dem wir die Methode vorstellen werden. Anmeldung über LinkedIn hier.
Und wer mehr zur „Beyond Storytelling Community“ und dem „Storytelling Camp“ erfahren möchte, der clickt am besten hier.
Photos by Patrick Kappeler und Petra Sammer
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